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Anna Gugger, Pflegefachfrau

Die Freude an der Verantwortung

Wer als eines seiner liebsten Hobbies die Pflege von Kontakten nennt, wird sich wohl auch in der Berufswahl kaum für eine Tätigkeit entscheiden, die sich in einem einsamen Büro abspielt. Zumal, wenn sich die Kontaktpflege nicht auf die virtuelle Welt von Facebook-Freundschaften bezieht, sondern auf das reale Leben, «Real Life», von Angesicht zu Angesicht.

Anna Gugger, Pflegefachfrau im Stützpunkt Wichtrach der Spitex AareGürbetal, hatte sich früh festgelegt: «Mir war immer klar, etwas mit Menschen machen zu wollen.» Nachdem sie in einem Altersheim schnuppern durfte, wusste sie zweifellos, dass die Ausbildung zur Fachfrau Gesundheit das Richtige für sie ist. «Ich war nicht abgehoben, aber mit meinen 15 Jahren bin ich auf der Demenzabteilung auf dem Boden der Realität gelandet», erinnert sich die heute 23jährige Spitex-Mitarbeiterin. «Obwohl der Einstieg in den Pflegeberuf sehr herausfordernd war, hat mir der Umgang mit den Menschen mit teilweise stark fortgeschrittener Demenzkrankheit sehr gut gefallen und hat mich auch fasziniert. Ich arbeite noch heute sehr gerne mit Menschen mit Demenz.»

Nach abgeschlossenem drittem Lehrjahr zog es die nunmehrige FaGe gleich weiter auf ihrem Bildungsweg, an die Höhere Fachschule Pflege in Bern. Ein vorangegangener temporärer Einsatz im Stützpunkt Wichtrach der Spitex AareGürbetal hatte in ihr inzwischen das Feuer für die ambulante Pflege entfacht und sie hoffte darauf, während der Ausbildung zur Pflegefachfrau ein Spitex-Praktikum absolvieren zu können.  «Mir hatte es während der sechs Wochen in Wichtrach so richtig den Ärmel reingenommen. Das hat mir einfach gefallen, die selbständige Arbeit, das Aufsuchen der Klienten in ihrem Zuhause, diese individuelle Betreuung, die Verantwortung, das Abwechslungsreiche.»

Tatsächlich kam Anna Gugger im Rahmen ihrer HF-Ausbildung neben dem obligatorischen Spitaleinsatz zu einem halbjährigen Praktikum bei der Spitex Niesen in Frutigen. «Wir haben dort Menschen betreut, die zum Teil sehr abgeschieden leben, ohne unmittelbare Nachbarn. Es war ein tolles Praktikum und ich konnte in Frutigen nach dem HF-Abschluss gleich noch ein halbes Jahr anhängen.» Wären da nicht die Bergflanken gewesen! Das tiefe Frutigental habe sie mit der Zeit eingeengt, bedauert Anna Gugger: «Es war super dort, aber ich brauchte die Weite. Und weil es mir in Wichtrach damals so gut gefallen hatte, nicht nur von der Arbeit her, sondern auch das Team, die grosszügigen Räumlichkeiten, das Familiäre, habe ich mich sofort beworben, als mir eine damalige Arbeitskollegin sagte, es gäbe eine freie Stelle. Und ich liebe das schöne Aaretal. Wenn man wie wir in der Spitex so viel in der Gegend unterwegs ist, spielt das halt eine grosse Rolle.»

Am 11. Februar 2020 beginnt Anna Gugger die berufsbegleitende, mehrtägige Weiterbildung zum Demenz-Coach. «Jeder unserer Stützpunkte sollte eine Demenzfachperson haben, und in Wichtrach fehlt sie zurzeit. Da ich mich sowieso in diese Richtung weiterbilden wollte, habe ich die Gelegenheit sofort gepackt. Das ist genau mein Interessensgebiet, und die Ausbildung wird mich befähigen, meinen Kolleginnen und Kollegen als Ansprechperson zu dienen, sie zu coachen, Tipps zu geben und natürlich selbst entsprechende Einsätze zu übernehmen.» Überhaupt gefällt es ihr, sich einbringen zu können, und sie engagiert sich deshalb unter anderem auch in der Projektgruppe, die in Wichtrach die Organisationsentwicklung weitertreibt. «Der Ansatz, die Selbstverantwortung zu stärken, selbstgesteuert zu arbeiten, und Probleme lösungsfokussiert anzugehen, ist äusserst spannend und fordernd.»

Anna Gugger, wir wissen es bereits, pflegt auch in ihrer Freizeit gerne Kontakt zu andern Menschen, hütet das Unihockey-Tor eines Zweitligavereins, bikt alleine oder mit ihrem Bruder, gibt ihrer Familie viel Raum und manchmal macht sie auch gar nichts. «Das kann ich gut, einfach daheim sein, ein bisschen abschalten, ‹herumnuschen›.» Es passiere nicht allzu oft, dass sie Klientensituationen gedanklich mit nach Hause nehme, und wenn, dann im Bewusstsein, das Beste gegeben und das Möglichste getan zu haben. «Und wenn das einmal nicht hilft, gibt es bei uns genügend Gefässe, wo ich mich aussprechen und Unterstützung holen kann.»

Der künftige Demenzcoach im Wichtracher Team sieht sich auch in den berühmten fünf Jahren noch im selben Beruf und am selben Arbeitsort. «Ich schätze es enorm, dass wir uns bei den Einsätzen ganz auf unsern Klienten fokussieren können. Anders als etwa im Spital funkt keine Arztvisite dazwischen, keine intravenöse Medikation, keine Klingel, die uns zu einem andern Zimmer ruft. Natürlich erhält auch der Klient manchmal ein Telefon, wenn wir bei ihm sind, oder ich selbst muss einer Kollegin oder einem Kollegen Auskunft geben, aber das ist nicht Alltag. Alltag ist: Der Klient und ich. Und es ist der Klient, der bestimmt wie es läuft bei ihm zuhause und nicht die Institution. Wir sind lediglich Gäste. Dass die Individualität der Menschen im Zentrum steht, gefällt mir an der Arbeit in der Spitex besonders gut.»

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